IGN Special Report: Ein Bericht über die vielen Kündigungen bei Blizzard
In den vergangenen 2 bis 3 Jahren haben viele bekannte Persönlichkeiten von Blizzard Entertainment dieses beliebte Entwicklerstudio verlassen und sich neuen Herausforderungen bei anderen Firmen gestellt. Da diese Situation durchaus interessant ist und hohe Wellen in der Community von Blizzard Entertainment schlägt, veröffentlichte die Seite IGN am aktuellen Wochenende einen von Senior News Editor Kat Bailey verfassten Special Seport zu diesem Thema. Dieser Bericht ist sehr lang, sehr detailreich und sollte von jedem an der Situation interessierten Spieler am besten selbst durchgelesen werden. Aus diesem Grund findet ihr folgend auch nur einige zusammengefasste Stichpunkte aus diesem Artikel, die euch eine erste grobe Übersicht zu dem Beitrag vermitteln sollen.
Im Vorfeld sollte aber auf jeden Fall noch einmal erwähnt werden, dass Blizzard Entertainment selbst eine weiterhin erfolgreiche Firma darstellt und vor allen World of Warcraft und Hearthstone sehr viel Gewinn abwerfen. Die von Spielern bemerkten Kündigungen sind also kein Zeichen für ein eindeutiges Aus des Studios oder eine finanzielle Katastrophe bei Blizzard Entertainment. Die gewinnbringende Situation bei Blizzard ist vermutlich einer der Gründe dafür, warum die höher positionierten Mitglieder der Teams die Freiheit haben das Studio zu verlassen und mit einigen Rücklagen neue risikoreiche Startups beginnen können. Wer also aktuell Spaß mit dem einen oder andere Titel von Blizzard Entertainment hat und sich nicht wirklich für die Entwickler dahinter interessiert, der wird in den nächsten Jahren vermutlich wie gewohnt weitermachen können.
Höhen und Tiefen:
Wer sich die Geschichte von Blizzard Entertainment ansieht, der sollte recht schnell erkennen, dass es gelegentlich extreme Höhepunkte gibt. Die Veröffentlichungen von brandneuen Titeln und Fortsetzungen sind wichtige Meilensteine, die das Studio einige Zeit lang tragen und die Entwickler viele Jahre lang beschäftigten. Dadurch hat sich bei Blizzard Entertainment eine Kultur rund um die über Jahre andauernde Arbeit von bestimmten Entwicklern und langfristige Arbeitsverhältnisse gebildet. Da die Branche normalerweise das regelmäßige Wechsel des Arbeitsplatzes und permanent rotierende Projekte vorsieht, ist Blizzard in diesem Punkt eine ziemliche Seltenheit. Dadurch ist es auch besonders auffällig, wenn diese Kultur aufgebrochen wird und bekannte Gesichter die Firma verlassen.
Chris Metzen 2016: What are we really doing? Are we just selling product for a corporation? I guess that’s a part of it, but we’re artists and craftsmen and technologists and writers and poets and all these other things coming together to build something greater than any of us could have ever achieved on our own. That has always been the story of Blizzard. […] What are we prepared to spend the next five years of our lives on, together?
Zwischen diesen größeren Meilensteinen gibt es dann natürlich auch die dazu passenden Tiefen. In dieser Zeit arbeiten die Entwickler an noch nicht veröffentlichten Projekten und den Spielern werden keine komplett neuen Produkte präsentiert. Derzeit befinden wir uns wohl in solch einem Tief, welches durch das Versagen von WC3 Reforged und die schlechte Stimmung rund um Diablo Immortal nur noch verschlimmert wurde. Solch ein Tief wirkt sich sowohl auf die wartenden Spieler als auch die Entwickler von Blizzard Entertainment aus. Das Ganze ist sehr stressig für die Mitarbeiter von Blizzard Entertainment und Jahre ohne größere Veröffentlichungen haben negative Auswirkungen auf ihre an Profit gebundenen Gehälter.
Solche Tiefpunkte sind allerdings keine Seltenheit in der Branche. Viele Entwicklerstudios gehen durch ähnliche Phasen und haben oft über mehrere Jahre gestreckte Abstände zwischen ihren Projekten. Die für die Entwicklung benötigte Zeit wurde durch die derzeitige Heimarbeit noch verschlimmert und könnte dieses Mal deutlich länger ausfallen als in der Vergangenheit der Fall war. Trotzdem könnten die nächsten Jahre aber einen erneuten Aufschwung bei Blizzard Entertainment verursachen. TBC Classic sollte das aktuelle Jahr tragen, Diablo Immortal wird mittlerweile deutlich positiver eingestuft, Diablo 2: Resurrected macht einen guten Eindruck und in den kommenden Jahren warten Diablo 4 und Overwatch 2 auf die Spieler.
„Every year they’d be like, ‘Oh, you know, it’s just a down time. We’re not shipping anything. But like, it’ll probably get better next year.’“
Die Kündigungen:
Wie bereits weiter oben erwähnt wurde, basiert die Kultur bei Blizzard auf dem dauerhaften Arbeiten bei diesem Studio. Deshalb gibt es auch viele Mitarbeiter, die schon seit mehr als 10 oder 15 Jahren bei Blizzard Entertainment arbeiten. Mit solch einer Kultur ist es aber sehr auffällig, wenn bekannte Mitglieder des Teams sich eine andere Arbeitsstelle suchen. Auch wenn ihre Fluktuationsrate bei Mitarbeitern laut Blizzard Entertainment deutlich unter dem Durchschnitt der Industrie liegt und die Entwicklerteams deutlich mehr als nur ein bekanntes Gesicht sind, so werden diese Umstände aber nicht wirklich an die Fans vermittelt. Die Spieler sahen in den letzten Jahren einfach nur eine Reihe von bekannten Entwicklern verschwinden. Diese Kündigungen sorgten in den letzten Jahren für viel Unmut in der Community und einige Quellen bei Blizzard gaben wohl sogar an, dass sich das Ganze negativ auf die Moral und die Stabilität der verbliebenen Teams auswirkt.
Quelle bei Blizzard: [Kaplan] was the last person that we would have conversations about, ‘How long is he gonna last? So to some degree, now that he’s gone, I don’t even know who else could make that big of a wave. I don’t even think you’ll hear about anybody else of that magnitude.
Interessanterweise haben sich ein Großteil der bei Blizzard Entertainment ausgestiegenen Persönlichkeiten aber weder für den permanenten Ruhestand noch für andere größere Entwicklerstudios entschieden. Die meisten dieser Personen gründeten in den vergangenen Jahren neue eigene Indie-Studios mit deutlich kleineren Teams und weniger aufwendigen Projekten. Einige ehemalige Mitarbeiter sind sogar an der Erschaffung von mehreren neuen Studios beteiligt und arbeiten weiterhin eng mit ihren anderen ehemaligen Kollegen zusammen. Nach 10, 15 oder 20 Jahren bei Blizzard ist es durchaus nachvollziehbar, wenn diese Entwickler sich etwas Abwechslung wünschen und sich für übersichtlichere Projekte mit kleineren Teams interessieren.
Druck von Activision?:
Viele Fans von Blizzard Entertainment gehen davon aus, dass Activision sich negativ auf dieses Studio auswirkt und im Verlauf der vergangenen Jahre zu vielen negativen Entwicklungen geführt hat. Auch wenn es keine wirklichen Beweise für diese Theorie gibt, so halten einige Spieler aber wie wild an dieser Ansicht fest. Die Berichte von Blizzard Entertainment sprechen interessanterweise aber genau gegen diese Theorie. Laut internen Aussagen der Mitarbeiter ist Blizzard Entertainment auch weiterhin unabhängig und an einigen Stellen ist es beinahe schon untersagt über Gewinne oder Geld zu sprechen. Rund um die Entwicklersteams gibt es bei Blizzard Entertainment eine Art von Firewall, die die Kern-Teams vor äußeren Einflüssen schützen und Blizzards Kultur bei der Spieleentwicklung aufrechterhalten soll. Deshalb wurden in den vergangenen Jahren auch kaum Mitarbeiter aus den Entwicklerteams entlassen.
“I can’t think of one time where Activision has… or sorry, like management, has come in and asked us to change a creative decision about any of our games. They have so much faith and trust that these talented developers that they’ve hired are making the right choices for their games. They give us free rein to do that.”
Trotz der scheinbar vorhandenen Schutzmaßnahmen spüren die verantwortlichen Entwickler wohl den Druck ihrer Arbeit und die negativen Auswirkungen von Entlassungen in anderen Bereichen. Den bei IGN eingegangenen Berichten von internen Quellen zufolge mussten einige Entwickler in den vergangenen Monaten und Jahren sowohl im eSports-Bereich als auch bei der Community-Verwaltung aushelfen. Das Organisieren von Events oder das Schreiben von Patchnotes gehören zu den erwähnten Tätigkeiten. Dadurch haben selbst die eigentlich geschützten Entwickler bemerkt, dass die Organisation bei Blizzard Entertainment verändert wurde und es weniger Mitarbeiter in anderen Bereichen gibt.
Die Gehälter der Mitarbeiter und gelegentlich gezahlte Boni sind aktuell ein weiteres oft diskutiertes Thema. Im Jahr 2018 beendete Blizzard Entertainment sein Bonus-Programm für die Feiertage und integrierte diese zusätzlichen Zahlungen in die Gehälter der Mitarbeiter. Zusätzlich dazu war die neueste Erweiterung für World of Warcraft zwar ziemlich erfolgreich, aber Blizzard Entertainment verkündete trotzdem, dass die Mitarbeiter je nach Leistung oft nur ungefähr 50% der erwarteten Gewinnbeteiligungen erhalten würden. In einer von IGN gefundenen E-Mail von Brach an die Mitarbeiter wurde die Schuld für diese reduzierten Zahlungen den schlechteren Gewinnen in der zweiten Hälfte des Jahres 2020 zugeschoben. Gleichzeitig versprach Brack in seiner Mail bessere Zeiten rund um die Veröffentlichungen von Diablo 4, Overwatch 2 und anderen Projekten.
Brack: “If we deliver on our slate of plans, we expect 2021 and 2022 to be great years for Blizzard,”
Laut einem Vertreter von Blizzard Entertainment wurden diese reduzierten Zahlungen vor Kurzem aber ein wenig durch investiertes Eigenkapital ausgeglichen. Die Firma hat wohl mehr als 100 Millionen USD an Eigenkapital in Zahlungen an ihre Mitarbeiter investiert. Den von IGN gesammelten Berichten der Mitarbeiter zufolge sind diese Aussagen aber nicht unbedingt korrekt. Bisher haben nämlich nur ein Bruchteil der Angestellten auch wirklich Zahlungen dieser Art erhalten und niemand weiß wirklich, wie viel Geld sie dadurch bekommen sollen. Ihnen wurde nur gesagt, dass sie in der nahen Zukunft mit solch einer Zahlung rechnen können.